Zur heutigen Anhörung im Bundestag zum grünen Gesetzentwurf zum Abstammungsrecht und zur entsprechenden Diskussionsentwurf von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erklärt der Bundesvorsitzende der Liberalen Schwulen und Lesben (LiSL), MICHAEL KAUCH:
Eine Reform des Abstammungsrechtes aus Sicht von Regenbogenfamilien muss sowohl die berechtigten Anliegen von lesbischen Müttern als auch schwulen Vätern abbilden. Dazu sind der grüne Gesetzentwurf und der Barley-Entwurf nicht geeignet. In beiden Entwürfen werden Mehreltern-Familien rechtlich abgelehnt. Väterrechte werden im grünen Gesetzentwurf gar nicht, im Barley-Entwurf unzureichend berücksichtigt. Die Freien Demokraten wollen dagegen Mehrelternschaften rechtlich anerkennen, Väterrechte wahren und einvernehmliche Elternschaftsvereinbarungen vor der Zeugung ermöglichen.
Es ist richtig, dass die Ehefrau der leiblichen Mutter eines Kindes automatisch bei Geburt seine Mit-Mutter wird – allerdings nur dann, wenn das Kind mittels einer Samenbank gezeugt wurde oder der leibliche Vater eingewilligt hat. Denn mit der rechtlichen Mutterschaft der Co-Mutter verliert der oft schwule Vater seine Verwandtschaft zum Kind und die damit verbundenen Rechte und Pflichten.
Der Barley-Diskussionsentwurf versucht Lösungen für Mütter und Väter zu finden, bleibt aber auf halber Strecke stecken. Nach ihm sind einvernehmliche Willenserklärungen über die Verwandtschaft zum Kind vor der Zeugung nur bei reproduktionsmedizinischer Unterstützung vorgesehen. Zudem bleiben im Detail Grauzonen, durch die der Vater gegen seinen Willen aus der Vaterschaft gedrängt werden kann. Regelungen zu Umgang und Unterhalt können vor der Zeugung weiterhin nicht rechtssicher getroffen werden. Auch bei den Anfechtungsrechten wird die Co-Mutter gegenüber dem Vater einseitig bevorteilt.
Der grüne Entwurf ist rein aus der Sicht lesbischer Zwei-Mütter-Familien geschrieben, in denen der Vater keine Rolle spielen soll. Immer mehr Regenbogenfamilien sind aber Mehreltern-Familien, in denen neben den Müttern auch der Vater bzw. die Väter aktiv Verantwortung für das Kind übernehmen. Auch für diese Familien muss das Familienrecht passen. Sie haben die gleiche Legitimität wie Zwei-Mütter-Familien. Hierbei haben die Grünen versagt: statt emanzipatorisch für alle Familienformen zu wirken, bleiben sie in heteronormativen Denkmustern gefangen.
Der Gesetzentwurf der Grünen ist darüber hinaus auch eine Mogelpackung. Denn anders als der Titel suggeriert, kann nach dem Entwurf jede – auch nicht verheiratete – Partnerin der Mutter mittels Mutterschaftsankennung den leiblichen Vater verdrängen. Hier geht es nicht um die Angleichung an die Ehe für alle, hier geht es um die Entrechtung von schwulen Vätern.
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